Retter der Muttersprache
Herr S. aus K. fühlte sich nach der Lektüre der Bücher eines gewissen Herrn Sick derart inspiriert, dass er angesichts eines Fernsehberichts über das Thema Arbeitsplätze, dessen Wortwahl ihm missfiel, den unwiderstehlichen Drang verspürte, seinem Unmut darüber Luft zu verschaffen:
„Wer sich heute der Lektüre von Zeitungen, Zeitschriften und moderner Literatur widmen will, ist gut beraten, sich ein Taschenwörterbuch in greifbare Nähe zu legen. Es ermöglicht doch demjenigen, der des Englischen nicht mächtig ist, die wichtigsten Ausdrücke aus aktuellen Fachgebieten zu verstehen. Leider fließen aber immer mehr Amerikanismen in unsere Sprache ein und werden im täglichen Sprachgebrauch mit steigender Tendenz benutzt. Die „Sprache der Dichter und Denker“ ist so längst völlig überfremdet.
Da ist etwa nur noch von „Jobs“ die Rede und nicht mehr von Arbeit. Doch wen wundert es, wenn sich die Bundesagentur für Arbeit selbst amtlich so äußert? Unsere Amtssprache ist doch Deutsch! Wer nicht altmodisch erscheinen will, schreibt oder spricht leichthin von „Kids“, ist also „in“ oder aber auch „out“, was seine Muttersprache betrifft. Nicht unerwähnt sollen aber noch die wachsenden umgangssprachlichen Albernheiten bleiben. Zu denen zähle ich die Begrüßung zu jeder Tageszeit mit „Hallo“, als ob wir nicht für jedes Tagesdrittel in Deutsch eine gute Zeit zu wünschen imstande wären.“
Hallo Herr S.,
ich wähle diese von Ihnen ungeliebte Begrüßung, weil ich den Beitrag gern von zeitlichen Einordnungen freihalten würde.
Zunächst einmal möchte ich Ihnen die Hände schütteln für Ihren tapferen Einsatz für den Erhalt der deutschen Sprache. Dieses Unternehmen kann ich nur unterstützen, auch wenn es in Ihrem Fall nicht gerade über das Ziel hinausschießt sondern es einfach meilenweit verfehlt. Oder kilometerweit, schließlich sprechen wir hierzulande nicht nur deutsch, sondern benutzen auch das metrische System. Ich möchte da ungern in ein Fettnäpfchen treten.
Es kann wohl nicht schaden, zu bemerken, dass das, was wir gemeinhin als deutsche Sprache bezeichnen, eine jahrhundertelange Entwicklung durchgemacht hat. Dazu gehörte es immer, dass Worte aus anderen Sprachen integriert wurden, für die es keine sinnvolle deutsche Entsprechung gab. „Aktuell“ zum Beispiel, das verwenden Sie ja auch, nicht wahr? Es ist in der Tat zur Mode geworden, englische Worte, in Reinform oder abgewandelt, zu benutzen, obwohl es dafür sehr wohl auch eine deutsche Vokabel gäbe. Das nennt man, ganz nebenbei, Anglizismen. Amerikanismen gibt es auch, aber das sind dann Anglizismen, die typisch amerikanische Prägung aufweisen. Häufig ist dies überflüssig und nervig, vor allem immer dann, wenn der Gebrauch dieser Worte dazu dienen soll, das Bezeichnete als besonders modisch zu kennzeichnen. Aber die Beispiele, die sie nennen, berühren den Bereich der Sprachökonomie. „Jobs“ ist schneller gesprochen als „Arbeitsplätze“ (und nicht nur „Arbeit“, wie sie schreiben) und daher praktisch und nicht zu beklagen. Kinder als „Kids“ zu bezeichnen, ist meistens überflüssig und dient in der Regel dazu, dem Sprecher einen besonders schmissigen Ton zu verleihen. Aber es gilt zu beachten, dass mit diesem Anglizismus noch andere Implikationen verbunden sind. Kinder sind alle im entsprechenden Alter, aber „Kids“ sind die großmäuligen Furzknoten, die Basecaps, pardon, Schirmmützen, auf dem Kopf tragen, um das mal sehr verkürzt auszudrücken. Und dafür wiederum gibt es kein passendes deutsches Wort.
Die angebliche umgangssprachliche Albernheit, „Hallo“ zu sagen statt „Guten Tag“ oder ähnliches, ist nicht so sinnfrei wie Sie vielleicht glauben. Es ist eine informelle, tageszeitunabhängige Begrüßung, an der ich nichts Schlechtes zu finden vermag. Und warum verwenden sie eigentlich die Formulierung „eine gute Zeit wünschen“? Immerhin ist das ein eingedeutschtes englisches Idiom (jaja, feststehende Redewendung). Bemerke ich da eine Inkonsequenz oder hat die Sprachüberfremdung Sie bereits korrumpiert? Vielen herzlichen Dank, dass sie die wundervolle, unproblematische Vokabel „Überfremdung“ benutzen! Ich hoffe sehr, das lässt nicht auf Ihre Geisteshaltung in anderen gesellschaftlichen Bereichen schließen.
Und machen Sie sich eigentlich wirklich Sorgen darum, dass man Sie für altmodisch halten könnte aufgrund ihrer Wortwahl, die einem 14jährigen nicht passen würde? Ich glaube eher, Sie fühlen sich alt, die Neuentwicklungen in der Sprache lassen Sie das spüren und das ärgert Sie. So sehr am Herzen liegen kann Ihnen ihre Muttersprache nicht, denn davon haben Sie ja wohl nicht besonders viel Ahnung.
„Wer sich heute der Lektüre von Zeitungen, Zeitschriften und moderner Literatur widmen will, ist gut beraten, sich ein Taschenwörterbuch in greifbare Nähe zu legen. Es ermöglicht doch demjenigen, der des Englischen nicht mächtig ist, die wichtigsten Ausdrücke aus aktuellen Fachgebieten zu verstehen. Leider fließen aber immer mehr Amerikanismen in unsere Sprache ein und werden im täglichen Sprachgebrauch mit steigender Tendenz benutzt. Die „Sprache der Dichter und Denker“ ist so längst völlig überfremdet.
Da ist etwa nur noch von „Jobs“ die Rede und nicht mehr von Arbeit. Doch wen wundert es, wenn sich die Bundesagentur für Arbeit selbst amtlich so äußert? Unsere Amtssprache ist doch Deutsch! Wer nicht altmodisch erscheinen will, schreibt oder spricht leichthin von „Kids“, ist also „in“ oder aber auch „out“, was seine Muttersprache betrifft. Nicht unerwähnt sollen aber noch die wachsenden umgangssprachlichen Albernheiten bleiben. Zu denen zähle ich die Begrüßung zu jeder Tageszeit mit „Hallo“, als ob wir nicht für jedes Tagesdrittel in Deutsch eine gute Zeit zu wünschen imstande wären.“
Hallo Herr S.,
ich wähle diese von Ihnen ungeliebte Begrüßung, weil ich den Beitrag gern von zeitlichen Einordnungen freihalten würde.
Zunächst einmal möchte ich Ihnen die Hände schütteln für Ihren tapferen Einsatz für den Erhalt der deutschen Sprache. Dieses Unternehmen kann ich nur unterstützen, auch wenn es in Ihrem Fall nicht gerade über das Ziel hinausschießt sondern es einfach meilenweit verfehlt. Oder kilometerweit, schließlich sprechen wir hierzulande nicht nur deutsch, sondern benutzen auch das metrische System. Ich möchte da ungern in ein Fettnäpfchen treten.
Es kann wohl nicht schaden, zu bemerken, dass das, was wir gemeinhin als deutsche Sprache bezeichnen, eine jahrhundertelange Entwicklung durchgemacht hat. Dazu gehörte es immer, dass Worte aus anderen Sprachen integriert wurden, für die es keine sinnvolle deutsche Entsprechung gab. „Aktuell“ zum Beispiel, das verwenden Sie ja auch, nicht wahr? Es ist in der Tat zur Mode geworden, englische Worte, in Reinform oder abgewandelt, zu benutzen, obwohl es dafür sehr wohl auch eine deutsche Vokabel gäbe. Das nennt man, ganz nebenbei, Anglizismen. Amerikanismen gibt es auch, aber das sind dann Anglizismen, die typisch amerikanische Prägung aufweisen. Häufig ist dies überflüssig und nervig, vor allem immer dann, wenn der Gebrauch dieser Worte dazu dienen soll, das Bezeichnete als besonders modisch zu kennzeichnen. Aber die Beispiele, die sie nennen, berühren den Bereich der Sprachökonomie. „Jobs“ ist schneller gesprochen als „Arbeitsplätze“ (und nicht nur „Arbeit“, wie sie schreiben) und daher praktisch und nicht zu beklagen. Kinder als „Kids“ zu bezeichnen, ist meistens überflüssig und dient in der Regel dazu, dem Sprecher einen besonders schmissigen Ton zu verleihen. Aber es gilt zu beachten, dass mit diesem Anglizismus noch andere Implikationen verbunden sind. Kinder sind alle im entsprechenden Alter, aber „Kids“ sind die großmäuligen Furzknoten, die Basecaps, pardon, Schirmmützen, auf dem Kopf tragen, um das mal sehr verkürzt auszudrücken. Und dafür wiederum gibt es kein passendes deutsches Wort.
Die angebliche umgangssprachliche Albernheit, „Hallo“ zu sagen statt „Guten Tag“ oder ähnliches, ist nicht so sinnfrei wie Sie vielleicht glauben. Es ist eine informelle, tageszeitunabhängige Begrüßung, an der ich nichts Schlechtes zu finden vermag. Und warum verwenden sie eigentlich die Formulierung „eine gute Zeit wünschen“? Immerhin ist das ein eingedeutschtes englisches Idiom (jaja, feststehende Redewendung). Bemerke ich da eine Inkonsequenz oder hat die Sprachüberfremdung Sie bereits korrumpiert? Vielen herzlichen Dank, dass sie die wundervolle, unproblematische Vokabel „Überfremdung“ benutzen! Ich hoffe sehr, das lässt nicht auf Ihre Geisteshaltung in anderen gesellschaftlichen Bereichen schließen.
Und machen Sie sich eigentlich wirklich Sorgen darum, dass man Sie für altmodisch halten könnte aufgrund ihrer Wortwahl, die einem 14jährigen nicht passen würde? Ich glaube eher, Sie fühlen sich alt, die Neuentwicklungen in der Sprache lassen Sie das spüren und das ärgert Sie. So sehr am Herzen liegen kann Ihnen ihre Muttersprache nicht, denn davon haben Sie ja wohl nicht besonders viel Ahnung.
Advocaat - 11. Nov, 01:27